Neulich … über stieren, gaffen und die Fleischeslust

Au Backe! Wie retro du bist!

Alles ist, so wie es ist, normal (so fern man sich nicht das Köpfchen über „Normalität“ zerbricht). Kürzlich erst gab es im TV eine Doku über Kochschinken. Im Bild die Reporterin, die in einer Hand eine eingerollte Scheibe Kochschinken hält und in der anderen Hand, den Hörer ihres Retro-Telefons wo das Reinsprech- und Hörteil am Kabel zu diesem Tastendings hängt (also ein richtig olles stationäres Fixgerät, das schon seit der Zeit out ist, in der Don Johnson in Miami Vice Drehtage-Hochsaison hatte). Sie ruft gerade beim Fleischzerwurstelmann an, – es folgt ein Bildwechsel – der noch in guter alter Handwerkskunst mit dem Charme eines Holzfällers Tierleichenteile mit eben gleicher Hingabe kategorisiert als wäre er Jury-Mitglied bei der Mr. Olympia wahl.

Meine ganze Aufmerksamkeit wurde von der Röhre angezogen. Wäre die Röhre ein schwarzes Loch gewesen, hätte der liebe Prof. Lesch wohl mein stumpfes Stieren als einnehmende Neugierde interpretiert mit dem Unterschied, dass meine Röhre mitsamt dem Inhalt, der mir hier vorgesetzt wurde wohl so weit von Tiefsinnigkeit entfernt ist wie unser Sonnensystem zur Andromeda-Galaxie. Der Mathematiker würde hier schon eine Tiefsinnigkeitsminusrechnung aufstellen. Kurz gesagt: Da hat der Hirnfried zugschlagen. Und es kam wie es kommen sollte. Madame Kochschinkenrolle-Retrophone spitzte lasziv ihre Lippen, der Schinken näherte sich ihrem Mund der nun langsam aufging. Mit einem alles sagenden Augenaufschlag blickt die Lady in die Kamera während das ehemalige Lebewesen in zerlegter, gekochter, geschnitten und gerollter Version von der Guten aufgegessen wurde. Autsch – verdammt! Wenn sich Synapsen durch diesen Schock bilden, dann haltet euch fest ihr Nobelpreisträger. Blitz und Donner! Was ist passiert? Enttäuschung macht sich breit. Seit Jahren gewöhnte ich mir die Fleischessucht ab, gewöhnte mich an eine klare Ernährung und empfand diese Art der Ernährung als allgemein üblich und selbstverständlich (Frutarier verzeiht mir) und plötzlich kam die Rückspule-Zeitraffer in Gesellschaft eines absolut hässlichen Empfindens, das ich wohl verdrängt haben muss und damit wohl auch den Auslöser, die Tatsache, dass Menschen Fleisch essen.

Der Mensch an sich ist ja angeblich lernfähig (ich weiß nicht ob dem so ist, ich selber bin ja, wie man oben raus lesen konnte Spitzenklasse Stierer … gaffen ohne denken – bin isch Profi bei). Erlerntes Verhalten, erlernte Gewohnheiten, erlernte Güte, erlernter Hass, erlernte Hilfsbereitschaft, erlernte Gier, erlernte Hinterlistigkeit, erlernt, erlernt, erlernt. Medien tragen erheblich als Meinungsmacher zum Konsumverhalten der Konsumenten bei. Elter tragen ebenfalls zum Verhalten ihrer Zöglinge bei. Freilich ist es schwer, üble Gewohnheiten abzulegen. Gewiss ist es noch schwerer sich vernünftige Gedanken über Äußerungen von Meinungsmachern zu machen.

Ein kleines Beispiel:

Nehmen wir an, Löwen werden in Zoos gehalten und sie erhalten Lebendfutter. Lebendfutter ist eine liebliche und verharmlosende Bezeichnung für lebende Tiere, die durch Menschenhand in ein Löwengehege verfrachtet werden um den Löwen das tun zu lassen, was Löwen eben tun. In Ost-Asiatischen Ländern werden kleine Vieherl (Hasen, Hühner, …) direkt im Zoo von Eltern für ihre Zöglinge gekauft – die Kids dürfen sich das Vieherl sogar selber aussuchen. Diese gekauften Tierchen dürfen dann, an einer Angelschnur-Vorrichtung, kopfüber über dem Löwengehege baumeln bis einer der Löwen es schafft, das Tierchen zu erwischen. Die ganze Familie lacht und jubelt.

Dann gibt es noch die Länder wo Schweine, Schafe oder Eseln lebend und bei bester Gesundheit (man will ja nicht, dass die Löwen erkranken) in so ein Löwengehege reinverfrachtet werden – ganz dumm, wenn man als Mensch erkennt, dass das Lebendfutter die Gefahr erkennt und hektisch einen Fluchtweg sucht in dem es zuerst um sein Leben rennt.

Ja und dann gibt’s diese empörte Region in Europa, der es nicht gefallen hat, dass ein Giraffennachwuchs vor den Augen der Besucher durch einen Zoo-Maxe abgemurxt, gleich live vor Ort zerteilt und den Löwen zum Fraß vorgesetzt wurde. Angeblich wurde dadurch die Giraffen-Inzucht verhindert – ja freilich *Kasperltheater*, wenn der Fortschritt noch keine Kastration oder Sterilisation gebracht hat, dann muss man so vorgehen wie vorgegangen wurde. Außerdem müssen Löwen ja ihren Jagdtrieb erhalten, was erklärt wieso Löwen Lebendfutter bekommen – ja freilich … als ob diese Löwen je Freiheit erleben dürften … diese Löwen sind Gefangene, bei denen’s komplett Powidl ist ob sie Büchsenchappi oder Bananenbrei bekommen … die löffeln eh in Gefangenschaft ab und brauchen sich in freier Natur nicht behaupten.

So wird Meinung gemacht – ja freilich … entweder fressen wir auch alles was uns vorgesetzt wird oder wir machen uns eigenständig Gedanken über Ordnung. Und so geht’s weiter …
Veränderungen passieren meist dann, wenn man mit dem Ist-Zustand unzufrieden ist. Es sind Jahre vergangen, an mir hat sich einiges geändert, an wenigen anderen Menschen hat sich einiges verändert. Doch an der großen Masse an Menschen hat sich nix geändert. Sie tragen nach wie vor ihre Augenbinden, die wir alle sehen und die Symbol für ihre Ängste sind.

vegan ohne fleisch