Was tun wenn das eigene Kind kein Fleisch isst?

Kinder Ernaehrung Erziehung

Erziehung & Ernährung

Es muss nicht, kann aber sein, dass sich Kindererziehung auf das Konsumverhalten des zukünftigen Erwachsenen auswirkt. Ich bemerke die Erziehungseinflüsse natürlich sehr gut an mir selber. Meistens beim Einkaufen.

Oft ertappe ich mich beim Mustern der Inhalte von Einkaufswägen wenn ich in der Backabteilung auf’s Drankommen warte oder an der Kassa stehe und vor mir der Kunde bereits seinen Einkauf auf dem Fließband liegen hat. Da bin ich gewiss nicht der erste Mensch, der das macht und Leute, die eine etwas andere Ernährungsweise haben als die normalisierte Bevölkerung wissen von was gerade die Rede ist. 😉
Man guckt sich alles wirklich ganz genau an und dann kommt der unvermeidliche Blick zum Kunden, dem die Sachen auf dem Fließband gehören. Ungebremst rasen die Gedanken umher – da ist man recht glücklich, wenn man endlich an der Reihe ist um anschließend den eigenen Einkaufswagen, wie Steve McQueen seinen Rennwagen, mit glühenden Reifen aus den Hallen des Grauens hinaus zu navigieren.

Das ist auch eines dieser Augenblicke, an denen mir einfällt, dass ich es bin, die nicht normal sein kann (sofern man, wie es allgemein anerkannt ist, Normalität anhand seiner Gleichgesinnten festlegt) – das vergesse ich leider all zu oft und mein Zustand wird für mich zur Normalität. Ja freilich wundert es mich dann, dass es nach wie vor Karnisten gibt und jedes Mal schießt mir dieses blöde Szenario durch den Kopf als ich, damals Grundschülerin, von der Schule nachhause kam. Bereits im Stiegenhaus kam mir der Duft von Gekochtem entgegen. Mom kochte zwar nicht oft mit Fleisch, eigentlich sehr selten und das nur dann, wenn Gäste kamen. Dass es kein Fleisch für uns gab lag lediglich an uns als Familie, wir waren einfach Gemüse-Typen und das Zeug konnte Mom verdammt gut verarbeiten. Aber an diesem Tag. Männoh. Ich wie Friedolin Blümchen, hopse unbehelligt und heiter die Türe rein, Mom begrüßte mich mit der zartesten Engelsstimme, die ich je (als aufgewecktes Kind eher selten eben) von ihr vernahm und lockte mich zu Tisch. Keine Ahnung wie alt ich war, acht, neun? Tja, bei Tisch motzte ich über dieses angebratene Faschierte ganz-komisches-Dings-Bums worauf Moms Stimme plötzlich nicht mehr wie aus Engels-Harfen klang und in der nächsten Minute, ich nur noch das grausliche Dings-Bums in den Mund gestopft bekam mit den Worten: „Du musst dich daran gewöhnen, sonst bist du nicht normal und heiraten wird dich auch niemand.“

Das war so ein gut gemeintes Erziehungs-Dings, denn wer will schon ein, der Norm zuwiderlaufendes Kind?
Ich weiß noch, dass ich verdammt stinkig war auf Mom und sie das ganze Wochenende mit meiner Schweigsamkeit (das ist ein Frauendings – braucht man nicht lernen, ist angeboren) strafte. Als ob das nicht reichte 😀 … daran erinnere ich mich auch gut, regnete es am Flohmarkt-Samstag, wo ich wetterbedingt nicht, zwecks Taschengeldaufbesserung, hin konnte und mein Schweigen wurde kräftigst vom grantigen Blick unterstütz. Das war der erste und letzte Versuch meiner Mom, mich „normal“ zu machen. Tja und seither passiert es ab und zu (nicht immer und auch nicht ausschließlich), wenn ich im Nahrungsmittelmarkt an der Fleisch-/Wurstabteilung vorbei gehen, dass ich an diesen misslungenen Normalisierungsversuch denke.

Was soll man denn eigentlich Müttern empfehlen? Wenn das so einfach wäre gäbe es keine Bücher und keine Ratgeber sondern lediglich ein Post-it wo der einzige und beste Tipp übern Kamm geschoren aufgekritzelt wurde.

Bevor man gut gemeinte Ratschläge erteilt sollte man sich über Normen und Gebräuche des zu Beratenden informieren. Eine eingefleischte Europäerin würde sich bei meiner Story wohl denken, was für eine Barbarin meine Mom war und was für ein „armes Kind“ ich gewesen sein muss. Die Orientalerin hingegen würde herzhaft lachen, weil sie eventuell auch ein ähnliches Erlebnis hatte. Die Frage, mit wem man gerne dieses Gespräch weiter führen würde, erübrigt sich. Und genau diese Auffassung anhand regional unterschiedlicher Erziehungsmethoden verbietet es, anhand seiner eigenen Stereotype Ratschläge oder Tipps zu geben weil nicht gesagt ist, dass man frei von stereotyper Denkweise ist.